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Stumpfer Gleichklang – Meute im Beatpol

 

Wer das Große Glück oder Unglück hat einen Fernseher zu besitzen und Qualitätssender wie RTL oder Sat 1 konsumiert, der ist mit den Formaten DSDS oder Das Supertalent vertraut. Laien singen die Songs von Stars mehr oder weniger gut nach und werden dabei von einer „prominenten“ Jury entsprechend bewertet.

Die Hamburger Elektro-Marching-Band Meute dreht dieses Konzept quasi um. Wie das Genre schon vermuten lässt werden EDM Songs von einer Blaskapelle live vertont. EDM Musik zeichnet sich nicht nur dadurch aus, dass sie in der Regel auf dem Synthesizer kommt, sondern wird auch oft von musikalischen Laien oder Halblaien komponiert wird. Meute nimmt nun diese Kompositionen, die in ihrer Komplexität den ein oder anderen Jamba Klingelton unterschreiten, um sie mit 11 ausgebildeten Musikern live auf der Bühne zu spielen.
Ebenso wie bei den Castingshow stellt sich bei Meute die Fragen: Wieso das Ganze? Und welcher Mensch tut sich das freiwillig an? Und ebenso wie bei DSDS bleiben beide Fragen auf unbefriedigende Weise unbeantwortet.

Das Konzert begann mit einer Finte. Läutete das Orchester das Konzert noch mit einem klassischen Swingintro ein, so folgte plötzlich der Break und den besinnlichen Klängen folgte ein sehr stumpfer Elektrobeat auf zwei Tönen. Das Stroposkop strahlte üppig, die Konfettikanonen wurden gezündet und die Menschen fingen an im besten Clubstyle zu tanzen.

Und die Band spielt immer wieder dieselben beiden Noten, im gleichen Takt, minutenlang. Bip, Böp, Bip, Böp ….
Und so einfach kann man 20 Minuten Konzert füllen.

Die Band ratterte die Elektrobeats, unterbrochen durch nur kurze, kommentarfreie Pausen, runter. Arrangements, oder eigene Interpretation –  Fehlanzeige, 8 Bläser und 3 Trommler waren stattdessen damit beschäftigt nicht mehr als 3 Töne pro Stück zu spielen und an den richtigen Stellen den Arm cool in die Luft zu strecken. In solchen Augenblicken wirkt ein Helene Fischer Auftritt wie eine Wagner Aufführung.

Mit You & Me von Disclosure begann der Höhepunkt und erster Lichtblick des Konzerts. Es sollte das einzige Stück bleiben, dass sich aus dem 4/4 Grundtakt erhob und bei dem die Bläser ansatzweise eine komplexe Melodie spielten. Die Band war darum bemüht die Zuhörer von diesem Schock der Abwechslung zu kurieren und sprang danach sofort zurück zum stumpfen EDM 3 Ton Gedudel, allerdings leicht variiert.

Pro Stück wurde nun ein Solo eingeschleust. Während diesem durfte sich der Solist auch wirklich an seinem Instrument austoben. Dieser Minimalkompromiss in Bereich – eigene kreative Leistung – wurde vom Publikum kaum bemerkt. Ein entsprechender Applaus für die Soli blieb dann auch meistens aus oder viel, wenn überhaupt, äußerst kläglich aus. Trauriger Höhepunkt war ein Stück bei dem sich das Orchester aufteilte und nicht nur unterschiedliche Melodien, sondern auch Rhythmen spielte. Eine Wendung dieser Art kam für das Publikum dermaßen unerwartet, dass spontane Tanzverweigerung die Folge war.

Meute scheint oft selbst nicht zu wissen was sie sein wollen: Eine optisch spektakuläre Variante eines DJs oder ein Blasorchester das sich dem EDM nähert, dabei aber die eigenen musikalischen Wurzeln mit einfließen lässt. Gerade diese Orientierungslosigkeit spiegelt sich in der Publikumsreaktion wieder. Geübte Clubgänger kommen mit schlichten Beats klar, sind aber von aufwendigen Arrangements überfordert, vor allem wenn ihnen diese ohne Vorwarnung oder Einleitung vor die Füße gerotzt werden. Das Ergebnis ist optisch ansprechend aber musikalisch unausgegoren. Und auch wenn das Publikum die Band immer wieder mit wilden Rufen und Applaus überschüttet, tut es das doch stets in einer Asynchronität zu den Musikern, die traurig und belustigend zugleich ist.

Und diese beiden Gefühle tragen einen durch den gesamten Abend mit Meute. Denn im Endeffekt schaffen es auch ausgebildete 11 Musiker nicht mehr aus simplen Elektrosongs rauszuholen, als Laien mit einem Synthesizer.

 

Text von Robert Sittner

Fotos von Max Patzig

Mehr Fotos von Meute im Beatpol findet ihr auf der Seite von Max Patzig